Am 1. November ist Welttag der Veganer und ich habe den Test gemacht: vier Wochen vegan leben. Ich bin ja etwas unsicher gewesen, ob ich das überhaupt überlebe. Quotenveganerin Caro hat mich aber so gut es geht, unterstützt.
Tag 1
Irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin schlecht auf mein vegan sein vorbereitet. Am Kaffeeautomaten in der Redaktion mache ich mir erst mal ganz selbstverständlich einen Latte Macchiato – um ihn dann der Kollegin zu schenken.
Die generelle Nahrungsbeschaffung ist als Veganer scheinbar doch komplizierter als gedacht. Mal eben auf dem Weg nach Hause noch schnell einkaufen ist nicht. Tofu gibt’s ja meist noch.
Aber wo bitte bekommt ein normaler Mensch Seitan oder Sojaschnitzel her? Ob meiner schlechten Einkaufsvorbereitung gibt es abends Salat. Da kann ich wenigstens nichts falsch machen. Ab morgen geh ich das anders an!
Tag 2
Ich stehe verzweifelt im Supermarkt und bin Ganzkörper-verunsichert. Welche der Zutaten sind nun tierisch, welche pflanzlich und was zur Hölle darf ich jetzt überhaupt noch essen?
Ich brauch ‘ne App. Gibt’s überhaupt vegane Apps? Gott sei Dank, ja.
Für den Einsteiger kann ich „vegan leben“ empfehlen. Irgendwann hat man es sicher drauf, aber ich finde es gerade noch sehr hilfreich, dass mir dort gesagt wird, dass ich Produkte mit E120 nicht essen darf (der rote Farbstoff wird nämlich aus Läusen gewonnen. Wie eklig ist das bitte?!).
Insgesamt bietet die App einen guten Schnellüberblick der veganen „Do‘s and Dont‘s“ im Alltag. Schwierig wird es mit kostenlosen Apps auf Deutsch für Rezepte. Da hat mich bisher nichts überzeugt. Da google ich mir lieber, worauf ich Lust habe.
Tag 3
Bis zum Mittag war alles entspannt. Dann kam die Verlags-Kantine.
Beim einzigen (!) vegetarischen Gericht frage ich den Koch: „Ist das auch vegan?“
Er: „Äh, ja. Ist doch Tofu!”
Kein Fleisch war offensichtlich gleichbedeutend mit: da ist auch sonst nix tierisches drin. Dabei essen WIR Veganer (jaja) doch nichts, was irgendwie vom Tier kommt. Eier, Milch, Honig, Butter. Alles tabu.
Ich: „Ahja. Und sonst so? Die anderen Zutaten? Eier, Butter, irgendwas in die Richtung?“
Kurz gefasst: Ich konnte das Tofu Stroganoff am Ende essen. Nachdem der Koch sich in der Küche circa zehn Minuten über die genauen Zutaten informieren musste.
Vegan ist offensichtlich Slow Food.
Tag 7
Es ist Samstag und ich habe für heute einen Tagesausflug geplant. Zum Veganz. Dem einzigen komplett veganen Supermarkt. In Deutschland gibt es bisher sieben Filialen. Davon zwei in Berlin. Yay! I love the Großstadt.
Im Schlepptau hab ich meine beste Freundin, die ist nämlich praktischerweise Veganerin. Madame gibt mir Tipps, was ich als Frischling für Basics einkaufen sollte, um auch spontan mal was kochen zu können.
Mein Wagen ist voll – und mein Konto um 125 Euro leichter. Ich tröste mich damit, dass ich jetzt die vegane Grundausstattung besitze und so schnell nicht wieder zum Supermarkt muss.
Tag 10
Ich habe den ganzen Tag gekocht und ein paar der Ersatzprodukte ausprobiert die ich vor ein paar Tagen ganz aufgeregt in meinen Einkaufswagen geworfen habe.
Sojaschnetzel: Örks! Also wirklich. Ich ess ja vieles, aber das Zeug sieht nicht nur aus wie Hundefutter, es schmeckt auch so. Die Schnetzel sollen Hackfleisch ersetzen und werden vorher in Wasser eingeweicht, ausgewrungen (!) und dann weiter verarbeitet. Optisch mögen meine Spaghetti Bolognese vielleicht nah an das Original herangekommen sein. Geschmacklich war es aber wirklich gewöhnungsbedürftig. Freundlich ausgedrückt.
Ei-Ersatz: Das ist ein geschmackloses Pulver, das man mit Wasser anrührt. Soll beim Backen und Co. den Teig binden. Also. Meine Sojamilch-Pfannkuchen haben geschmeckt, wie Pfannkuchen schmecken sollten. Besonders mit der veganen Nutella-Variante super.
Kala Manak (Schwarzsalz): Ist das abgefahrenste vom ganzen Einkauf. Das schmeckt wirklich, wie gekochtes Ei. Mit Tofu und Safran (für die Farbe) kann man damit ein ziemlich authentisches Rührei bewerkstelligen.
Vleischsalat: Man beachte die Schreibweise. So falsch, wie sich das liest, schmeckt das Zeug leider auch. Kann ich nicht empfehlen.
Käse: Nie! Wieder! Pappig, hart, zäh, geschmacksneutral. Und das alles auf einmal. Kurz gefasst: Geldverschwendung.
Tag 15
Als ich meinem Papa am Telefon erzähle, dass ich mich probehalber vegan ernähre, trompetet er mir ein entrüstetes: „Wirst du jetzt etwa dünn?!“ entgegen. Danke, Papa!
Als ob Veganer sich nur von Rohkost ernähren würden. Aus Trotz mache ich mir Pommes mit (veganer) Mayo.
Tag 18
Heute gibt es Fleisch! Also, fast. Ich gönn mir nämlich Rindersteak. Aus Soja. Yihaa.
Ok. Sieht aus wie eine platte Frikadelle. Schmeckt auch ein bisschen so. Was ja nicht schlecht ist – wenn man Frikadelle essen möchte. Meine Tages-Erkenntnis: Man kann vieles ersetzen, nur ganze Fleischstücke offenbar nicht. Das Steak kann ich als Buletten-Ersatz aber sehr empfehlen.
Wenn Ihr wissen wollt, wie mein unglaublich spannendes Experiment zu Ende gegangen ist: hier steht der Rest.
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